Gewaltprävention in der Pflege

Prävention von Gewalt

Pflegebedürftige Menschen sind gefährdet, Gewalt zu erfahren. Die Folgen von Gewalt können schwerwiegend sein. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Es können verschiedene Faktoren zusammenwirken. Diese zu kennen und bei allen Beteiligten das Bewusstsein für Gewalt in der Pflege zu schärfen, ist grundlegend, um Präventionsmaßnahmen zu initiieren und umzusetzen.

Wieso kommt Gewalt in der Pflege vor?

Es gibt eine Reihe von Ursachen für Gewalt in der Pflege und Einflussfaktoren, die zu Gewaltvorkommnissen beitragen. Oft ist es die Summe mehrerer Faktoren, die direkt oder indirekt wirken. So kann Gewalt persönlich, kulturell, strukturell oder prozessual begründet sein. Alle an der häuslichen oder stationären Pflege und Versorgung beteiligten Personen können von Gewalt betroffen sein, aber auch dazu beitragen.

Aggressives und gewalttätiges Verhalten kann persönliche Gründe haben. Manche Menschen werden leicht wütend, sind nervös und angespannt. Wer selbst schon Gewalt erfahren hat, wird vielleicht eher gewalttätig. Frustration, Eifersucht, Ängste und Sorgen, etwa durch finanzielle Probleme, können ebenfalls zu aggressivem und gewalttätigem Verhalten führen. Gleiches gilt für gesundheitliche Probleme wie Schmerzen, Depressionen oder Sucht.

Bei pflegebedürftigen Menschen können zudem Hilflosigkeit, Scham oder Verzweiflung zu Aggressivität führen. Manche Menschen werden auch aggressiv, wenn ihnen Beschäftigung, Bewegung oder Kontakt zu anderen Menschen fehlt. Gründe können auch Nebenwirkungen von Medikamenten oder krankheitsbedingtes Verhalten sein. Bei Demenz können Symptome wie ständiges Rufen oder Umherlaufen wiederum zu aggressiven Reaktionen Anderer führen. Durch kognitive Einschränkungen und Probleme beim Sehen oder Hören können außerdem Missverständnisse und Konflikte entstehen. Daneben können in der familialen Pflege die familiäre Geschichte und Beziehungsqualität Einfluss auf das Gewaltrisiko haben. Das gilt auch, wenn eine starke Abhängigkeit zwischen der pflegenden und der pflegebedürftigen Person besteht.

Bei Pflegenden kann emotionale und körperliche Erschöpfung etwa aufgrund fehlender Entlastungsressourcen eine Ursache für gewalttätiges Verhalten sein. Eine ZQP-Studie zeigt, dass viele pflegende Angehörige während der Corona-Pandemie stark belastet waren, weil Hilfestrukturen nicht zur Verfügung standen. Insgesamt nahmen Konflikte sowie Gefühle wie Wut und Verzweiflung in dieser Zeit zu.

Kulturelle Faktoren wie die Werte und Normen einer Gesellschaft, Religion oder Ideologie wirken indirekt auf die Entstehung und Bewertung von Konflikten und Gewalt sowie den Umgang damit. Auch die Erziehung, die Sozialisation und die Biografie sind wichtige Faktoren. Zum Beispiel können darin Vorurteile, Intoleranz und Tabus begründet sein. Negative Altersbilder können dazu beitragen, dass respektloses Verhalten wie Bevormundung gegenüber älteren pflegebedürftigen Menschen eher toleriert wird. Zudem kann es sein, dass deshalb gesundheitliche Beschwerden – oder Berichte über Gewalterlebnisse – nicht ernst genommen werden.

Mangelndes Wissen und Kompetenzen können zu Gewalt beitragen. Einflussfaktoren sind unter anderem: mangelndes Bewusstsein für die eigene Rolle in Bezug auf die Entstehung von Gewalt, geringes praktisches und theoretisches Wissen über personenbezogene, pflege- und situationsbedingte Ursachen sowie zum Umgang damit. Gleiches gilt für unreflektiertes Sicherheitsdenken und eine unkritische Haltung gegenüber freiheitsentziehenden Maßnahmen (FEM).

Gewalt kann auch indirekt verursacht werden, etwa durch Strukturen und Prozesse, die zum Beispiel durch Gesetze oder Institutionen vorgegeben sind. Dies kann zur Folge haben, dass die Selbstbestimmung, die Selbstständigkeit oder die Privatsphäre missachtet oder eingeschränkt werden. Beispielsweise kann es in der professionellen Pflege dazu kommen, wenn der Tagesablauf von pflegebedürftigen Menschen durch starre Regeln festgelegt wird. Daneben beeinflussen strukturelle oder prozessuale Faktoren auch die Qualität und die Sicherheit der Pflege und können zu Gewalt führen. Das gilt etwa, wenn die Pflege aufgrund schlechter Personalausstattung mangelhaft ist. Zeitdruck, zu viel Verantwortung und fehlende Unterstützung tragen zu Überlastung bei. Dies kann Gleichgültigkeit, Unachtsamkeit sowie Aggressivität bei der Pflege befördern. Ein mangelnder systematischer und lösungsorientierter Umgang mit Problemen und Fehlern in Institutionen, wie eine geringe Sicherheitskultur, ist ein weiterer Faktor, der Einfluss auf Gewaltvorkommnisse haben kann.

Grundsätzlich kann es überall, wo Menschen zusammenleben, zu Konflikten oder auch Gewalt untereinander kommen. Das betrifft auch Bewohnerinnen und Bewohner von stationären Pflegeeinrichtungen. Typische Auslöser für die sogenannte Resident-to-Resident-Aggression (RRA) sind alltägliche Situationen, zum Beispiel: Lärm, Streit über Plätze in Gemeinschaftsräumen, Missverständnisse, Störungen, Einmischung, Enge sowie Uneinigkeit im Zimmer, etwa beim Lüften oder Heizen. Daneben können bestimmte Verhaltensweisen Auslöser von Konflikten bis hin zu Gewalt sein, etwa die Verletzung der Privatsphäre oder die Benutzung persönlicher Gegenstände anderer Personen. Beispielsweise kann es bei Menschen mit Demenz krankheitsbedingt zu solchen oder anderen herausfordernden Verhaltensweisen kommen. Dazu kann auch die räumliche Situation beitragen, beispielsweise wenn der Zugang zu Zimmern unkontrolliert möglich ist. Aufgrund von Seh- und Hörproblemen oder kognitiven Einschränkungen kann zudem die Kommunikation zwischen Bewohnerinnen und Bewohnern beeinträchtigt sein. Zudem kann es auch zwischen pflegebedürftigen Menschen zu sexualisierter Gewalt kommen.

Was trägt zur Gewaltprävention bei?

Die Ursachen und Auslöser für eskalierende Pflegesituationen und Gewalt sind vielfältig und unterliegen dem Zusammenspiel von Schutz- und Risikofaktoren. Eine allgemeingültige Methode, um Gewalt in der Pflege zu verhindern, gibt es daher nicht. Präventionsmaßnahmen müssen vielgestaltig sein.

Eine Voraussetzung wirksamer Prävention von Gewalt in der Pflege ist eine breit angelegte gesellschaftliche Sensibilisierung für Formen, mögliche Konstellationen und Anzeichen von Gewalt in der Pflege. Das gilt insbesondere für Gesundheitspersonal wie Hausärztinnen, Hausärzte und Pflegefachpersonen sowie ehrenamtlich Mitarbeitende, Besucherinnen und Besucher in Pflegeheimen, Angehörige und pflegebedürftige Menschen selbst. Denn nur wer Gewalt in der Pflege wahrnimmt, kann eingreifen.

Um zur Prävention von Gewalt beitragen zu können, sind Wissen und Kompetenzen hoch bedeutsam. Dazu gehören unter anderem Kenntnisse dazu, wie Gewalt entsteht, wie sie sich zeigt und wie entgegengewirkt werden kann. Je nach Zielgruppe können diese durch Information und Aufklärung, Schulung sowie in Aus- und Fortbildung vermittelt werden. Das ZQP bietet hierzu Tipps für Pflegende sowie kostenfreies Arbeits- und Schulungsmaterial für Pflegeorganisationen.

Überlastung kann eine Ursache für problematisches, aggressives Verhalten durch pflegende Angehörige und professionell Pflegende sein. Daher sind die wirksame Entlastung Pflegender und die Wahrnehmung von Anzeichen für Überlastung auch Aspekte von Gewaltprävention.

In der Erforschung wirksamer gewaltpräventiver Methoden und Konzepte sowie zu deren nachhaltigen Implementierung in verschiedenen Pflege-Settings besteht trotz einiger vielversprechender Ansätze weiterer Entwicklungsbedarf. Wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu Interventionen sind zentral, um übergreifend mit verschiedenen relevanten Akteuren konkrete Präventionsmaßnahmen wirksam aufbauen und umsetzen zu können.

Maßnahmen zur Gewaltprävention in der professionellen Pflege

In der professionellen Pflege ist insbesondere das gezielte und systematische Vorgehen zur Prävention von Gewalt wichtig. Hierfür können sich Mitarbeitende aus allen Bereichen der Einrichtung einsetzen. Voraussetzungen sind das Bewusstsein für Gewalt sowie eine eindeutige Haltung für eine gewaltfreie Pflege. Leitungspersonen tragen dabei maßgeblich zur Organisationskultur und zur Entwicklung geeigneter Rahmenbedingungen bei. Dazu gehört unter anderem, die verschiedenen strukturellen oder personenbezogenen Risikofaktoren für Gewalt zu identifizieren sowie gezielt Ressourcen zur Gewaltprävention zu schaffen. Von zentraler Bedeutung für die Prävention von Gewalt in der Pflege ist zudem ausreichend gut qualifiziertes Personal.

Professionell Pflegende sind verpflichtet, pflegebedürftige Menschen vor Gefahren zu schützen (Garantenpflicht). Das bedeutet auch, gezielte Maßnahmen zur Gewaltprävention umzusetzen.

Wesentlich ist ein zugewandter und respektvoller Umgang im Pflegealltag, der die Bedürfnisse pflegebedürftiger Menschen achtet und die Selbstbestimmung fördert. Daneben ist eine offene, vertrauensvolle und konstruktive Kommunikation in der gesamten Organisation wichtig. Dies trägt zudem zu einem lösungsorientierten Austausch über Probleme und Belastungen und damit zu einer positiven Sicherheitskultur bei. Dazu gehört auch die Art und Weise, wie sich die Mitarbeitenden einer Organisation für die Gewaltprävention engagieren.

Eine klare wissenschaftliche Evidenzbasis für spezifische Interventionen gibt es derzeit nicht. Jedoch gibt es in der Forschung Hinweise, dass verschiedene Maßnahmen helfen können, Gewalt gegen pflegebedürftige Menschen zu verhindern.

Beispiele für gewaltpräventive Maßnahmen

  • gemeinsames Verständnis von Gewaltprävention etwa in Qualitätszirkeln oder Workshops definieren und im Leitbild fixieren
  • klare Normen, Werte und Handlungsrichtlinien für eine gewaltfreie Pflege festlegen, zum Beispiel in einem Gewaltschutzkonzept und einem Verhaltenskodex
  • Regeln zum Umgang mit Konflikten und Gewalt erstellen, etwa klare Meldewege bei Vorfällen oder Verdacht (auch anonym), einrichtungsinterner Notfallplan, Benennung von Ansprechpersonen
  • individuelle, situative, räumliche und strukturelle Risiken für Gewalt und Einflussfaktoren systematisch identifizieren und reflektieren
  • regelmäßigen konstruktiven Austausch über kritische oder herausfordernde Situationen sowie gemeinsame Entwicklung von angemessenen Handlungswegen fördern, zum Beispiel mithilfe der Methode „Kollegiale Beratung“, Supervision oder Fallbesprechungen
  • Alternativen zu freiheitsentziehenden Maßnahmen (FEM) implementieren
  • Arbeitsbedingungen verbessern, beispielsweise durch verlässlichen, angemessenen Personaleinsatz, betriebliches Gesundheitsmanagement
  • regelmäßige Fortbildungen und Schulungen im Themenbereich Gewaltprävention ermöglichen, zum Beispiel zum Krankheitsbild Demenz und zu deeskalierender Kommunikation
  • pflegebedürftige Menschen und Angehörige zielgruppengerecht informieren, unterstützen und befähigen (Empowerment), etwa zu ihren Rechten und Handlungsmöglichkeiten
  • Beauftragte zur Prävention von Gewalt und Konflikten qualifizieren und einsetzen
  • Maßnahmen zur Gewaltprävention intern und extern evaluieren
  • Gewaltereignisse systematisch, konsequent und transparent aufarbeiten
  • externe Beratung und Unterstützung einholen, etwa durch Fachstellen für Gewaltprävention, Heimaufsicht, Medizinischer Dienst (MD), Careproof

Zur Sicherheit pflegebedürftiger Menschen trägt entscheidend bei, wie sich Pflegeorganisationen und ihre Beschäftigten für sicherheitskritische Probleme engagieren. Das betrifft auch das Vorgehen zur Gewaltprävention. Zur Stärkung der Sicherheitskultur in der Pflege hält das ZQP Informationen und kostenloses Schulungsmaterial bereit.

Tipps für pflegende Angehörige und professionell Pflegende

Gewalt vorbeugen

Zur Gewaltprävention tragen vielfältige Maßnahmen bei. Pflegende können durch ihre Haltung für eine gewaltfreie Pflege, einen respektvollen Umgang mit den pflegebedürftigen Menschen sowie Wissen über Ursachen, Auslöser und Handlungsmöglichkeiten maßgeblich Einfluss nehmen. Viele kritische und gewaltvolle Situationen können vermieden oder rechtzeitig unterbrochen werden.

Respekt, Verständnis und Feingefühl im täglichen Umgang helfen, das Wohlbefinden pflegebedürftiger Menschen zu fördern. Zugleich kann ein respektvolles und einfühlsames Auftreten auch dazu beigetragen, problematische Konflikte zu vermeiden und Aggressivität zu verringern.

  • Verhalten Sie sich freundlich und zugewandt. Achten Sie auf eine respektvolle Kommunikation.
  • Sorgen Sie für eine ruhige Atmosphäre. Vermeiden Sie Hektik und Zeitdruck. Organisieren Sie vorausschauend.
  • Nehmen Sie Gefühle, Bedürfnisse und Beschwerden der pflegebedürftigen Person ernst. Übergehen Sie entsprechende Äußerungen nicht und schwächen Sie diese nicht ab.
  • Beachten Sie das Recht auf Selbstbestimmung, etwa beim Tagesablauf. Bieten Sie individuell angemessene Beschäftigung an. Unterstützen Sie zudem die Selbstständigkeit.
  • Vermitteln Sie Sicherheit: Berücksichtigen Sie liebgewonnene Gewohnheiten und Rituale der pflegebedürftigen Person.
  • Vermeiden Sie potenziell bedrohlich wirkende Handlungen: Achten Sie auf klare Abläufe. Kündigen Sie an und erklären Sie, was Sie tun. Das ist bei Menschen mit Demenz besonders wichtig.
  • Sofern die pflegebedürftige Person dies verstehen kann: Sprechen Sie auch offen an, wenn Sie sich unangemessen behandelt fühlen. Machen Sie deutlich, was Sie verletzt.

Auch von pflegebedürftigen Menschen kann aggressives Verhalten bis hin zu Gewalt ausgehen. Wissen über mögliche Ursachen sowie Einfühlungsvermögen und Kompetenzen zum Umgang damit helfen, vorzubeugen oder zu entschärfen.

  • Beobachten Sie, was in Ihrer Pflegesituation häufig zu Konflikten führt. Ist es etwa beim Essen oder Waschen? Führt das zu Abwehr? Spielen Hektik und Lärm eine Rolle? Was könnte der Grund sein? Welchen Einfluss haben eventuell Symptome von Demenz?
  • Versuchen Sie herauszufinden, ob es einen spezifischen Grund für das Verhalten der pflegebedürftigen Person gibt: Hat sie vielleicht Schmerzen, Angst oder Hunger? Muss sie dringend zur Toilette? Oder hat sie Langeweile?
  • Fragen Sie hierzu auch nach. Bei Menschen mit Demenz eignen sich einfache Fragen, auf die man mit Ja oder Nein antworten kann. Beobachten Sie auch Verhalten, Körpersprache und Tonfall.
  • Versuchen Sie, aggressive Situationen gezielt zu entschärfen: Lenken Sie ab, etwa durch Musik oder eine Beobachtung am Fenster. Suchen Sie Nähe, wenn Berührungen auf die pflegebedürftige Person beruhigend wirken. Oder halten Sie Abstand, falls diese als bedrohlich empfunden werden.
  • Erweitern Sie Ihr Wissen zum Krankheitsbild Demenz und zum Umgang mit krankheitsbedingtem Verhalten. Holen Sie dazu fachlichen Rat ein.

Ärger und Wut sind ganz natürliche Gefühle. Nicht immer gelingt es dann, ruhig zu bleiben. Allerdings kann man lernen, möglichst gut damit umzugehen und nicht die Beherrschung zu verlieren.

  • Finden Sie heraus, woher das Verhalten der pflegebedürftigen Person kommt, das Sie ungeduldig oder wütend macht. Versuchen Sie, sich in einem heiklen Moment daran zu erinnern. Denn das Verhalten ist wahrscheinlich nicht gegen Sie persönlich gerichtet.
  • Überlegen Sie, welche Situationen zu besonderer Anspannung bei Ihnen führen. Wie könnten Sie diese vermeiden? Vielleicht kann Sie jemand unterstützen oder die Aufgabe übernehmen.
  • Beugen Sie Überlastung vor. Tipps und weitere Informationen zur Vermeidung von Stress und zum Umgang mit Belastungen erhalten Sie auf der Themenseite Entlastung in der Pflege.
  • Gestehen Sie sich negative Gefühle wie Ungeduld, Enttäuschung oder Wut zu. Beschließen Sie bewusst, Ihre Gefühle zu steuern.
  • Tauschen Sie sich mit anderen über belastende Situationen aus. Für pflegende Angehörige gibt es zum Beispiel Selbsthilfegruppen. In der professionellen Pflege kann die Methode „Kollegiale Beratung“ hilfreich sein. Vertrauten Menschen von Ärger und Wut zu berichten, kann auch helfen, sich zeitweise leichter zu fühlen.
  • Probieren Sie aus, was Ihnen am besten hilft, die Beherrschung zu bewahren. Zum Beispiel: Schließen Sie die Augen und konzentrieren Sie sich auf Ihre Atmung. Gehen Sie ein paar Schritte hin und her. Zählen Sie langsam bis zehn und atmen Sie dabei tief durch. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes. Schauen Sie beispielsweise einen Moment aus dem Fenster. Oder lassen Sie kaltes Wasser über Ihre Unterarme laufen. Reagieren Sie sich ab: Zerknüllen Sie Papier. Schlagen Sie mit der Faust auf ein Kissen. Oder schütteln Sie sich kräftig.
  • Verharmlosen oder rechtfertigen Sie Ihr Verhalten nicht, wenn Sie doch einmal die Beherrschung verloren haben. Finden Sie die Ursachen heraus. Nutzen Sie Angebote zur Beratung, um solche Vorfälle künftig zu vermeiden.

Fachleute können zu Handlungsmöglichkeiten bei Aggressivität und Gewalt in der Pflege beraten. Ansprechstellen für pflegende Angehörige sind zum Beispiel Pflegefachpersonen und Beratungsstellen in der Pflege sowie Hausärztinnen und Hausärzte.

  • Informieren Sie sich über Ursachen, Risiken und Anzeichen für Gewalt.
  • Holen Sie ärztlichen Rat ein: Ist das Verhalten ein Symptom einer Erkrankung? Liegt es vielleicht an den Medikamenten? Besprechen Sie, was verändert werden kann.
  • Nutzen Sie Schulungsangebote zum Umgang mit herausfordernden Pflegesituationen. Wissen für pflegende Angehörige wird zum Beispiel in Pflegekursen vermittelt. Für professionell Pflegende gibt es beispielsweise Fortbildungen zu deeskalierender Kommunikation.
  • Informieren Sie sich über Möglichkeiten zur Entlastung.
  • Wenden Sie sich an spezialisierte Stellen wie Krisentelefone, die bei Problemen mit Gewalt und auch im Notfall helfen können.

Professionell Pflegende haben Einfluss darauf, dass gewaltpräventive Maßnahmen in der Organisation umgesetzt werden. Sie können sich zumindest dafür einsetzen. Eine wichtige Voraussetzung ist eine offene, respektvolle und vertrauensvolle Kommunikation zwischen Mitarbeitenden auf allen Ebenen.

  • Regen Sie bei Ihren Vorgesetzten an, individuelle, situative, räumliche und strukturelle Risiken für das Auftreten von Gewalt in der Einrichtung oder dem Dienst systematisch zu identifizieren.
  • Besprechen Sie im Team, wie Sie Abläufe so gestalten können, dass die Bedürfnisse der pflegebedürftigen Menschen möglichst gut berücksichtigt werden. Ermöglichen Sie im Pflegeheim zum Beispiel flexible Tagesabläufe oder schaffen Sie geschützte Bereiche für Menschen mit Demenz. Legen Sie Regeln zum Schutz der Privatsphäre fest.
  • Sprechen Sie an, wenn Sie Unterstützungsbedarf haben. Das gilt auch, wenn Sie bei anderen Anzeichen für Überlastung wahrnehmen, etwa Gereiztheit, mangelnde Konzentration. Regen Sie gegenseitige Unterstützung an. Bitten Sie Ihre Vorgesetzten um Hilfe.
  • Schlagen Sie im Team einen sachlichen und lösungsorientierten Austausch über Probleme und kritische Situationen vor. Nutzen Sie zum Beispiel die Methode „Kollegiale Beratung“, Supervisionen oder Fallbesprechungen.
  • Bringen Sie das Thema Gewaltprävention regelmäßig in Teammeetings ein. Sprechen Sie zum Beispiel über Einstellungen, Beobachtungen und den Umgang mit Handlungsrichtlinien. Schlagen Sie die Entwicklung und Implementierung eines einrichtungsinternen Gewaltschutzkonzepts oder die Benennung von Beauftragten zur Prävention von Gewalt vor.
  • Setzen Sie sich dafür ein, dass Fortbildungen zur Gewaltprävention für alle Mitarbeitenden angeboten werden. Das können beispielsweise Schulungen zum Umgang mit herausforderndem Verhalten, zum Konfliktmanagement oder zu deeskalierender Kommunikation sein.

Bei Konflikten zwischen Bewohnerinnen und Bewohnern

  • Besprechen Sie im Team, wie Sie Konfliktauslöser zwischen Bewohnerinnen und Bewohnern vermeiden können. Zum Beispiel: Legen Sie klare Regeln fest, ob man in Gemeinschaftsräumen Sitzplätze reservieren darf oder nicht. Machen Sie diese Regeln bekannt. Verlängern Sie die Zeiten, in denen Mahlzeiten angeboten werden.
  • Sorgen Sie dafür, dass sich die Bewohnerinnen und Bewohner möglichst ungehindert bewegen können. Schaffen Sie zum Beispiel Platz in Gemeinschaftsräumen und Fluren.
  • Legen Sie für Menschen mit Demenz Dinge „zum Mitnehmen“ bereit. Dadurch nehmen sie eventuell weniger Sachen mit, die anderen gehören.
  • Vermeiden Sie unnötigen Lärm wie zu laute Fernsehgeräusche.
  • Sorgen Sie möglichst für eine räumliche Trennung von Personen, zwischen denen Konflikte bestehen.
  • Bemühen Sie sich darum, Beziehungen von Bewohnerinnen und Bewohnern untereinander zu stärken. Weisen Sie etwa auf gemeinsame Interessen hin.
  • Helfen Sie eher für Gewalt gefährdeten Personen dabei, anderen Grenzen aufzuzeigen.
  • Informieren Sie die Bewohnerinnen und Bewohner sowie Angehörige über das Krankheitsbild Demenz. Bitten Sie um Verständnis für krankheitsbedingtes Verhalten.

Krisentelefone

Für akute Krisen in der Pflege gibt es spezialisierte Hilfetelefone. Sie beraten und unterstützen in schwierigen Situationen und bei Gewalt in der Pflege.

 

Dieses Krisentelefon ist aktuell für Sie verfügbar:

069 20 28 25 30

Mo–Fr von 10–12 Uhr

Die Beratung ist auch auf englisch, türkisch, polnisch, amharisch (äthiopische Sprache) und tigringa (eritreische Sprache) möglich.

weitere Krisentelefone
Das Angebot Handeln statt Misshandeln (HsM) – Frankfurter Initiative gegen Gewalt im Alter ist eine Beratungsstelle für ältere Menschen und deren Angehörige.

Material zum Thema

Titelseite der Broschüre „Gewalt vorbeugen – Praxistipps für den Pflegealltag“

Ratgeber

Gewalt vorbeugen – Praxistipps für den Pflegealltag

Hinweise für die professionelle Pflege

Einrichtungsinterne Maßnahmen zur Gewaltprävention

Stationäre Pflegeeinrichtungen und ambulante Dienste müssen für eine gute und fachgerechte Pflege sorgen. Dazu gehört auch, pflegebedürftige Menschen vor gesundheitlichen Gefahren zu schützen, die zum Beispiel durch Vernachlässigung oder andere Formen von Gewalt entstehen können (Garantenpflicht). Dazu müssen sie geeignete Strukturen und Maßnahmen vorhalten. Das ZQP bietet Informationen zur Entwicklung und Implementierung von Gewaltschutzkonzepten in Pflegeeinrichtungen.

Es gibt spezifische Schulungen und Trainings für Mitarbeitende, um sie für Aggression und Gewalt in der Pflege zu sensibilisieren und die Handlungssicherheit zur Vorbeugung und zum Umgang damit zu stärken. Fortbildungen für die professionelle Pflege werden unter anderem vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) angeboten. Relevante Themenbereiche sind zum Beispiel: Umgang mit schwierigen Symptomen bei Menschen mit Demenz, Alternativen zu FEM, Qualifizierung von Gewaltschutzbeauftragten sowie zum Einsatz von Methoden wie Kollegiale Beratung, Supervision oder Fallbesprechung.

Schulungsmaterial für die professionelle Pflege

Das ZQP stellt Schulungsmaterial zur Gewaltprävention für die professionelle Pflege bereit. Es umfasst unter anderem Präsentationsfolien und Arbeitsblätter für Schulungen, Plakate für Einrichtungen und Dienste sowie eine Broschüre für professionell Pflegende.

Das Schulungsmaterial zur Pflege-Charta bietet Anregungen zur Reflexion typischer Pflegesituationen sowie Vorschläge für Methoden, die zur Umsetzung der Rechte pflegebedürftiger Menschen in der professionellen Pflege beitragen können.

Zuletzt aktualisiert: 30.06.2023 Nächste vollständige Überarbeitung: 30.06.2028