Scham in der Pflege

Verschiedene Pflegesituationen sind mitunter mit Schamgefühlen verbunden. Diese können pflegebedürftigen Menschen ebenso wie ihre pflegenden Angehörigen betreffen. Häufige oder dauerhafte Schamgefühle können sehr belasten und den Pflegealltag erschweren. Daher ist es wichtig, Scham vorzubeugen und angemessen zu begegnen.

Warum kommt Scham in der Pflege vor?

Scham ist ein ganz natürliches Gefühl. Es entsteht, wenn man sich missverstanden, in Verlegenheit gebracht, verletzt oder ertappt fühlt. Auch wenn Intimgrenzen überschritten werden, etwa weil man sich nackt zeigen muss, kann das Schamgefühle auslösen.

In der Pflege können diese Grenzen nicht immer gewahrt werden. Irgendwann sind andere zwangsläufig in intimste Handlungen einbezogen, etwa bei der Körperpflege und dem Toilettengang. Nicht immer selbstbestimmt handeln zu können und auf Hilfe angewiesen zu sein, kann zu negativen Gefühlen führen. Ohnmacht und Ausgeliefertsein mit Scham als Folge sind typische Beispiele hierfür. Andererseits sind Pflegende vielleicht beschämt, weil sie sich den intimsten Lebensbereichen einer anderen Person nicht entziehen können. Oder sie glauben, bei der Pflege den Erwartungen der anderen oder denen an sich selbst nicht gerecht zu werden.

All das verändert auch die Beziehung zueinander, etwa in der Partnerschaft oder zwischen pflegenden Kindern und pflegebedürftigen Eltern. Die Veränderungen können verunsichern und schließlich die Scham verstärken.

Aber: Schamgrenzen können sich mit der Zeit auch verändern. Zum Beispiel lernen Menschen, die Situation zu akzeptieren und negative Gefühle nicht zu nah an sich herankommen zu lassen. Zudem können bei pflegebedürftigen Menschen Medikamente oder psychische Erkrankungen wie Demenz dazu führen, dass ihre Schamgrenzen sich verändern oder gar verloren gehen. Dies kann dann wiederum Angehörige sehr herausfordern.

Wie kommt Scham zum Ausdruck?

Schamgefühle kommen durch eine Reihe von Verhaltensweisen und Reaktionen des Nervensystems zum Ausdruck. Sichtbar sind zum Beispiel diese Anzeichen:

  • Erröten oder Erbleichen
  • Schwitzen
  • Zittern
  • verlegenes Lächeln
  • Tränen
  • zögernde Bewegungen oder schnelles Hin- und wieder Wegsehen

Andere Reaktionen des Körpers sind nicht immer direkt erkennbar. Dazu gehören Atemprobleme, Schwindel, Hitzewallungen oder ein trockener Mund. Scham kann auch dazu führen, dass man weglaufen möchte, sprachlos, durcheinander oder wie gelähmt ist. Zudem können Schamgefühle durch Wut oder Angst zum Ausdruck kommen.

Warum kann Scham nützlich sein?

Wohl die meisten Menschen empfinden Scham als unangenehm. Aber sie hat auch unterstützende Funktionen. Sie trägt zum Beispiel dazu bei, Regeln im Umgang miteinander einzuhalten. Denn Scham kann auch ein Alarmsignal sein, dass jemand verletzt ist. So zeigt Scham Grenzen auf.

Welche negativen Folgen kann Scham haben?

Häufige oder dauerhafte Schamgefühle können sehr belastend sein. Psychische und soziale Probleme können die Folge sein. Fühlt man sich ständig abgewertet und herabgewürdigt, können Lebensfreude und Motivation verloren gehen. Dann kann auch das Gefühl hinzukommen, etwas falsch gemacht zu haben. Wenn Scham- und Schuldgefühle den Alltag beherrschen, können sozialer Rückzug bis hin zur Vereinsamung die Folgen sein.

Für eine einfühlsame, respektvolle und gesunde Pflege ist es wichtig, Belastungen durch Schamgefühle vorzubeugen – bei pflegebedürftigen Menschen und pflegenden Angehörigen.

Tipps für pflegende Angehörige

Was ist beim Umgang mit Scham wichtig?

Schamgefühle sind bei pflegebedürftigen Menschen und pflegenden Angehörigen nicht immer ganz zu vermeiden. Selbst wenn das Vertrauen zueinander groß und die Beziehung gut ist. Aber es gibt Möglichkeiten, schambehafteten Situationen vorzubeugen und zu lernen, mit ihnen umzugehen.

Ursachen kennen

Für Scham gibt es unterschiedliche Ursachen, etwa die Erziehung oder eine verletzende Erfahrung. Sich hierüber bewusst zu sein, kann beim Umgang damit helfen.

Anzeichen wahrnehmen

Scham zeigt sich auf verschiedene Weise, zum Beispiel durch Erröten, Atemprobleme oder Wut. Anzeichen wahrzunehmen, trägt dazu bei, Grenzen zu erkennen.

Scham ansprechen

Über Scham zu sprechen, kann gegenseitiges Verständnis fördern und Scham mildern. Zudem kann gemeinsam überlegt werden, wie man mit schamhaften Situationen besser umgehen kann.

Schamgrenzen schützen

Schamgrenzen müssen respektiert und bestmöglich geschützt werden. Dafür kann es nützlich sein, Regeln zu vereinbaren, zum Beispiel zum Vorgehen bei der Körperpflege.

Hilfe annehmen

Wenn Scham im Pflegealltag andauernd belastet, sollte die Situation möglichst verändert werden. Dazu gilt es, Hilfe anzunehmen. Vielleicht kann ein Pflegedienst bestimmte Tätigkeiten übernehmen.

Material zum Thema

Der ZQP-Ratgeber Scham bietet weiteres Wissen und Tipps zum Thema, zum Beispiel zu Gründen und Anzeichen für Schamgefühle und warum sie gerade bei der Pflege bedeutsam sind. Zudem gibt es praktische Hinweise, um Schamgefühlen vorzubeugen oder zu begegnen.

Titelseite der Broschüre „Scham – Praxistipps für den Pflegealltag“

Ratgeber

Scham – Praxistipps für den Pflegealltag

Zuletzt aktualisiert: 15.12.2020 Nächste vollständige Überarbeitung: 15.12.2025