ZQP-Befragung: Etwa jeder dritte Beschäftigte in der Pflege hat Situationen erlebt, in denen die Rechte pflegebedürftiger Menschen missachtet wurden.
20. Januar 2017
ZQP-Befragung: Etwa jeder dritte Beschäftigte in der Pflege hat Situationen erlebt, in denen die Rechte pflegebedürftiger Menschen missachtet wurden.
Berlin, 20. Januar 2017. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Pflegeheimen und ambulanten Diensten berichten über unangemessenes Verhalten gegenüber Pflegebedürftigen. Rund ein Drittel (34 Prozent) hat Erfahrungen damit, dass Rechte Pflegebedürftiger missachtet werden. Dies geht aus einer repräsentativen Befragung der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) hervor.
Wenn Befragte kritisches Verhalten beobachtet haben, dann geben 58 Prozent von ihnen an, dass dabei über den Willen des Pflegebedürftigen hinweg gehandelt wurde, notwendige Hilfe nicht (49 Prozent) oder nicht rechtzeitig gegeben wurde (46 Prozent). Zudem erlebten die Befragten, dass Pflegebedürftige respektlos angesprochen, beschämt (je 36 Prozent) oder deren Privatsphäre missachtet wurde (39 Prozent).
„Das Recht auf gute Pflege ist in der Praxis längst nicht überall durchgesetzt. Vor allem die wichtigen Themen Patientensicherheit und Gewaltprävention gehen häufig in den öffentlichen Debatten zu Pflegereformen unter. Dabei sind Missachtung, Vernachlässigung und Beschämung gerade für so verletzliche Menschen wie Pflegebedürftige oft besonders fatal“, sagt Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP. „Die Politik muss daher sicherstellen, dass nun tatsächlich ein neues Bewertungssystem für die Pflege entsteht, das für Bürger wirklich transparent macht, wo Profis gut pflegen und wo nicht“, so Suhr weiter.
Damit die Rechte Pflegebedürftiger besser gewahrt werden, müsste es nach Auffassung vieler befragter Fachkräfte, vor allem mehr und besser ausgebildetes Personal geben. Parallel hat das ZQP auch die allgemeine Bevölkerung zu ihren Erfahrungen befragt. Hier gab etwa jeder Vierte an (28 Prozent), Vorfälle von Missachtung gegenüber pflegebedürftigen Menschen erlebt zu haben. Verbesserungsbedarf wird dabei vor allem in den Arbeitsbedingungen von Pflegenden gesehen (90 Prozent). Zudem sollte es aus Bevölkerungssicht mehr Bürger geben, die sich für die Einhaltung von Rechten Pflegebedürftiger einsetzen (81 Prozent).
Damit es gar nicht erst zu Missachtungen oder Vernachlässigungen kommt, ist es wichtig, früh gegenzusteuern. „Wir benötigen gute Pflegekompetenz bei allen, die an der Pflege mitwirken und Angebote, die frühzeitig beim Erkennen und beim Umgang mit kritischen Pflegesituationen unterstützen“, sagt Suhr. Vor diesem Hintergrund hat das ZQP ein Internetportal zur Gewaltprävention (www.pflege-gewalt.de) entwickelt, das kostenlos fundierte Informationen, praktische Tipps sowie Kontaktdaten zu bundesweiten Krisentelefonen für alle Beteiligten in der Pflege bietet.
Die Rechte pflegebedürftiger Menschen in Deutschland sind in der Pflege-Charta zusammengefasst und konkret beschrieben, zum Beispiel das Recht auf eine respektvolle Ansprache, Privatheit oder rechtzeitige Hilfe, beispielsweise beim Toilettengang. Die Charta zeigt damit auch die berufliche Verpflichtung aller auf, die in diesem Bereich arbeiten – ob in einer Pflegeeinrichtung oder in der Filiale einer Krankenkasse. Laut Untersuchung ist fast jede zweite befragte Fachkraft – die die Pflege-Charta kennt – der Ansicht, dass die Pflege durch eine Orientierung an der Charta besser wird. Das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) bietet die Charta zur kostenlosen Bestellung an.
Methode und Vorgehensweise
Die Umfrage wurde als computergestützte telefonische Befragung (Computer Assisted Telephone Interview) durchgeführt.
Stichproben: 1.008 Pflegedienste und -einrichtungen nahmen an der Befragung teil, davon 502 stationäre und 506 ambulante Einrichtungen. Am häufigsten wurde dabei mit Pflegedienstleitungen (398 Befragte) oder geschäftsführendem Personal (391 Befragte) gesprochen.
In einer zweiten Befragung wurden 1.001 Personen ab 18 Jahren aus ganz Deutschland mit Kontakt zu Pflegebedürftigen interviewt.
Studienende: Oktober 2016
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