Berlin, 29.01.2019. In Deutschland herrscht Mangel an Pflegefachkräften – vor allem in der Altenpflege. Dieser verschärft sich durch die demografische Entwicklung zunehmend: Bis 2035 wird von etwa 130.000 zusätzlich benötigten Kräften ausgegangen. Denn einerseits steigt die Anzahl der heute etwa 3,4 Millionen pflegebedürftigen Menschen weiter, andererseits stehen zukünftig immer weniger Erwerbsfähige dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Wie schwierig es auch in den nächsten Jahren sein dürfte, genügend junge Menschen insbesondere für die Altenpflege zu gewinnen, unterstreicht eine neue Analyse des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP). Für diese wurden 1.532 Schülerinnen und Schüler zwischen 14 und 18 Jahren in der Bundesrepublik zum Thema Pflege befragt.
Insgesamt 6 Prozent von ihnen halten es demnach für sehr wahrscheinlich, beruflich nach ihrer Schulzeit in der Kranken-, Kinderkranken- oder Altenpflege zu arbeiten. Innerhalb der Pflegeberufe bildet die Altenpflege mit 2,6 Prozent das Schlusslicht. Zieht man von diesen 2,6 Prozent auch noch diejenigen ab, die sich zwar sehr für die Altenpflege interessieren, aber ebenso für mindestens einen anderen Pflegeberuf, verbleibt nur eine sehr kleine Gruppe, für die die Altenpflege von vorrangigem Interesse wäre.
„Die Altenpflege ist ein anspruchsvoller Beruf, der fachlich immer herausfordernder wird. Denn gerade in stationären Einrichtungen werden viele hochaltrige Menschen mit Mehrfacherkrankungen versorgt. Aber es liegt auch auf der Hand, dass die Arbeitsbedingungen vielerorts dringend verbessert werden müssen, um für die heutigen Arbeitskräfte attraktiv zu sein – und eben auch für die von morgen. Unsere Daten bestärken die Vermutung, dass das Ansehen der Altenpflege bei den meisten Schülern aktuell nicht gut ist, auch wenn die Zahlen der Ausbildungsanfänger zuletzt gestiegen waren“, kommentiert Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP, die Ergebnisse.
Für Schülerinnen und Schüler, die die Hochschulreife anstreben, scheint die Altenpflege noch weniger attraktiv zu sein als für diejenigen, die einen mittleren Schulabschluss oder Hauptschulabschluss anstreben: Nur 2,0 Prozent der angehenden Abiturientinnen und Abiturenten sind entsprechend motiviert im Vergleich zu 3,4 Prozent der anderen Schülerinnen und Schüler.
Ralf Suhr dazu: „Mit dem Pflegeberufe-Gesetz ist zwar ein wichtiger Reformschritt erfolgt, der das Berufsfeld Pflege insgesamt stärken kann und es damit hoffentlich für Schüler – auch für solche mit Abitur – interessanter macht.“ Allerdings sei noch nicht absehbar inwieweit speziell die Altenpflege von den aktuellen politischen Maßnahmen tatsächlich profitieren werde. „Wer die Chance im Wettbewerb um guten Nachwuchs erhöhen will, muss sicherstellen, dass eine Ausweitung von Gestaltungsräumen und Verantwortungsbereichen in der Praxis für entsprechend qualifizierte Pflegeexperten schnell Realität werden. Ein solches Jobprofil muss dann auch regelhaft mit einer entsprechenden Bezahlung einhergehen. Dann werden gute Karriereaussichten glaubhafter“, so der Vorstandsvorsitzende der Stiftung weiter.
Warum diese Aspekte besonders relevant sind, untermauert die ZQP-Studie ebenfalls. Als Eigenschaften, die von den Befragten als wichtig für die Berufswahl, aber als eher untypisch für die Altenpflege angesehen werden, zeigen sich: gute Bezahlung, freie Wochenenden und genügend Freizeit, die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen, gesunde Arbeitsbedingungen, gute Vorgesetzte, Anerkennung, eine selbstständige Arbeitsweise und günstige Karrieremöglichkeiten, regelmäßige Arbeitszeiten sowie die Möglichkeit, mit moderner Technik zu arbeiten. In Bezug auf die Merkmale „Geschlecht“ und „angestrebter Schulabschluss“ zeigen sich in der Berufsfeldbeurteilung teilweise auch deutliche Unterschiede. So sehen beispielsweise zwar sowohl Schülerinnen als auch Schüler den Einsatz von moderner Technik in der Altenpflege als eher wenig ausgeprägt an, Jungen wäre ein entsprechender Einsatz aber deutlich häufiger besonders wichtig.
Methodik und Vorgehensweise
Grundgesamtheit der Analyse sind Menschen im Alter von 14 bis 18 Jahren, die in Deutschland eine weiterführende allgemeinbildende Schule (z.B. Haupt-, Real-, Gesamtschule oder Gymnasium) ein Fachgymnasium oder eine Fachoberschule besuchen. Die 1.532 Schülerinnen und Schüler wurden über ihre Eltern angesprochen. Diese sind Mitglieder eines Online-Panels mit circa 80.000 deutschsprachigen Personen, die mittels einer mehrstufigen Zufallsauswahl telefonisch für das Panel rekrutiert worden waren. Die Teilnahme war nur möglich, wenn die Eltern ihr Einverständnis erklärten.
Die Stichprobe wurde nach 16 Kombinationen von Alter, Geschlecht und Schulform nachgewichtet und ist in diesem Sinne repräsentativ.
Hinweis zu den Zitaten von Dr. Ralf Suhr: In den Zitaten der Presse-Information wird aus Lesbarkeitsgründen u.a. von „Schülern“ und „Pflegeexperten“ gesprochen. Hierbei sind auch „Schülerinnen“ und „Pflegeexpertinnen“ gemeint.