Interview

„Mit PriO-a unterstützen wir Pflegedienste, ihre Sicherheitskultur zu stärken“

Daniela Sulmann ist Geschäftsleiterin und Pflegeexpertin im ZQP. Sie setzt sich u. a. für das Thema Pflegesicherheit ein. Im Interview erläutert sie, worum es in dem ZQP-Praxisprojekt „PriO-a“ geht – und was es mit dem geplanten zentralen Berichts- und Lernsystem für die Langzeitpflege auf sich hat.

Frau Sulmann, das ZQP führt gerade das Projekt „PriO-a“ durch. Worum geht es dabei?

Mit dem Projekt wollen wir die Entwicklung von Sicherheitskultur in Pflegediensten unterstützen. Das heißt, wir wollen ihnen helfen, möglichst gut mit Risiken und kritischen Ereignissen in der Pflege umzugehen. Letztlich geht es darum, die Pflegesicherheit zu fördern, die Gesundheit der pflegebedürftigen Menschen bzw. Klientinnen und Klienten zu schützen. Und es geht darum, die Zusammenarbeit im Team zu verbessern.

Wie gehen Sie dazu vor?

Wir begleiten bundesweit 15 ganz unterschiedlich aufgestellte Pflegedienste über mehr als drei Jahre. Das ist eine Auswahl an Diensten, die sich dem Thema stellen wollen und sich deshalb für die Teilnahme beim ZQP beworben hatten. Das Vorgehen folgt dem Modell des Gesundheitsförderungsprozesses, das im GKV-Leitfaden Prävention empfohlen wird. Kernaspekte dabei sind Partizipation: die Zielgruppen einzubeziehen, Empowerment: die Zielgruppen zu stärkerer Eigenverantwortung zu befähigen sowie Nachhaltigkeit: langfristige Wirksamkeit zu erzielen. Während dieser Zeit erhalten die Dienste Schulungen, Materialien und Begleitung zur Organisationsentwicklung von uns. Letzteres schließt systematische organisationsbezogene Bestandsaufnahmen zur Sicherheitskultur mit ein.

„Kernaspekte dabei sind Partizipation: die Zielgruppen einzubeziehen, Empowerment: die Zielgruppen zu stärkerer Eigenverantwortung zu befähigen sowie Nachhaltigkeit: langfristige Wirksamkeit zu erzielen.“

Können auch andere Pflegeorganisationen davon profitieren?

Ja, das ist unsere Absicht. Deshalb wird im Laufe des Projekts
praktisch nutzbares Material für Pflegedienste erstellt.
Dieses wird auf der ZQP-Webseite frei zugänglich sein.
Bereits jetzt bieten wir auf unserer Webseite
Arbeitsmaterial zur Sicherheitskultur an, das
Pflegedienste für Fortbildungen oder in
Qualitätszirkeln kostenfrei nutzen können.
Im Projekt wird außerdem ein zentrales,
frei zugängliches Berichts- und Lernsystem
für die ambulante und stationäre Pflege entwickelt.

Wie wird das Berichts- und Lernsystem funktionieren?

Das Berichts- und Lernsystem wird voraussichtlich 2025 als digitale Anwendung auf der Webseite des ZQP frei zugänglich sein. Dort können freiwillig und anonym kritische Ereignisse und Fehler aus der professionellen ambulanten und stationären Pflege berichtet werden. Das System wird durch ein Team des ZQP moderiert. Dies umfasst die Beantwortung von Einträgen, fachspezifische Empfehlungen sowie die systematische Auswertung der Einträge. Wir wollen damit einrichtungsübergreifendes Lernen aus kritischen Ereignissen und Fehlern in der Pflege unterstützen.

Was sind die Herausforderungen bei der Entwicklung?

Zum einen die technische Programmierung, denn dass das System einwandfrei läuft, ist die Basis. Aber besonders anspruchsvoll erscheint es uns, das System so zu konzipieren, dass es auch in der Praxis angenommen wird. Das ist für uns momentan der zentrale Punkt. So muss die Anwendung sehr nutzerfreundlich, also zum Beispiel niedrigschwellig im Zugang sein. Berichte müssen rasch und einfach eingetragen werden können. Die Nutzeroberfläche ist selbsterklärend und ansprechend zeitgemäß zu gestalten. Außerdem ist den Nutzerinnen und Nutzern zu vermitteln, dass sie Vertrauen in die Anonymität ihrer Einträge haben können. Und die Beantwortung der Einträge soll zügig, kurz und bündig und dennoch fundiert und praktisch hilfreich erfolgen.

Welchen Ansatz haben Sie, um eine möglichst hohe Nutzerfreundlichkeit zu erreichen?

Erster Punkt ist, dass wir Pflegedienste aus dem Projekt „PriO-a“ sowohl in die Konzeptentwicklung als auch in die Anwendungstestung einbeziehen. Zudem haben wir Expertinnen und Experten für die sogenannte User Experience eingebunden, hieran stellen wir hohe Erwartungen. Und nicht zuletzt knüpfen wir an Erfahrungen mit bisherigen CIRS-Angeboten und -Projekten an. Beispielsweise hat das Aktionsbündnis Patientensicherheit eine Handlungsempfehlung für die Einrichtung und den Betrieb eines Berichts- und Lernsystems (CIRS) im ambulanten Sektor herausgegeben. Wir arbeiten also intensiv daran, ein System zur Verfügung zu stellen, das so optimal wie möglich handhabbar ist und in der Praxis bestmöglich genutzt werden kann.

Wird das Vorhaben auch von anderen Organisationen mitgetragen?

Ja, und das ist ebenfalls ein vielversprechender Aspekt für das Gelingen des Berichts- und Lernsystems. An dem Projekt beteiligen sich zahlreiche Verbände, unter anderem Verbände der Pflegeanbieter, die sich in der Konzertierten Aktion Pflege verpflichtet haben, ein „Fehlermeldesystem“, also ein Berichts- und Lernsystem, zu etablieren. Zu den kooperierenden Verbänden gehören: AWO Bundesverband, Deutscher Caritasverband, Diakonie Deutschland – Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung, Deutsches Rotes Kreuz, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband, Arbeitgeber- und BerufsVerband Privater Pflege, Arbeitsgemeinschaft Privater Heime und Ambulanter Dienste Bundesverband, Bundesarbeitsgemeinschaft Hauskrankenpflege, Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen, Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste, Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe, Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe, Aktionsbündnis Patientensicherheit.

Mehr Informationen

Dieses Interview ist ein Auszug aus dem Fachmagazin ZQP diskurs 2023. Das Magazin kann kostenfrei heruntergeladen werden. Wenn Sie mehr zu unserer Arbeit und unserem Team erfahren möchten, lesen Sie gerne im Über-Uns-Bereich weiter.